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T.I.N.A.

25.10. -
06.12.2024

Eröffnung: 25.10.2024 | 18 - 22 Uhr

Finissage: 06.12.2024 | 18 - 21 Uhr



                                     




Öffnungszeiten: Fr. 16 - 19 Uhr, Sa. 14 -17 Uhr
oder nach Vereinbarung
 
 

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Margaret Thatcher, die «Iron Lady» des Neoliberalismus, erhielt aufgrund ihres politischen Schlagworts «There is no alternative» den Übernamen «Tina». Malte Bartsch greift diese Formel im Titel seiner Ausstellung in der KALI Gallery auf, lädt uns jedoch dazu ein, sie gegen den Strich zu lesen: Denn in unserer krisengeplagten Gegenwart, in der nicht nur der wirtschaftliche «Fortschritt» an seine Grenzen gekommen ist, gibt es tatsächlich keine Alternative: Es gibt keine Alternative dazu, endlich ins Handeln zu kommen, um ein sozialeres und ökologischeres Zusammenleben in der Zukunft möglich zu machen.

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Malte Bartsch setzt sich in seinen Werken mit wirtschaftspolitischen und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen auseinander und zeigt sich als Kritiker neoliberaler Gesellschaftsformationen. In der Ausstellung T.I.N.A. rückt der Künstler das Verhältnis zwischen Natur und Technologie in den Fokus. Für die Entwicklung der hier gezeigten Werkgruppen war die mythologische Figur des Prometheus ein wichtiger Bezugspunkt: Der Titan Prometheus brachte den Menschen das Feuer, und damit eine Grundlage für technologische Entwicklungen und die Möglichkeit, sich von der Natur zu emanzipieren. Mit Feuer konnten die frühen Menschen nicht nur ihre Nahrung kochen, was die Kalorienzufuhr erhöhte und das Wachstum ihrer Gehirne förderte. Feuer verlängerte auch den Tag und animierte die Menschen dazu, sich in seinem Lichtschein Geschichten zu erzählen. Laut der Anthropologin Polly Wiessner diente dieses Geschichtenerzählen dazu, kulturelle Normen zu festigen und Empathie sowie Zusammengehörigkeit zu stärken, auch über die eigene Gruppe hinaus. Das Konzept des «Pyrocenes», geprägt durch Stephen Pyne, erweitert diese Perspektive noch: Es verdeutlicht, dass die Menschen mit der Technologie des Feuers nicht nur sich selbst, sondern auch die Erde radikal transformierten. Für die gegenwärtige Ära des «third fire», in der wir massenhaft fossile Energieträger verbrennen, konstatiert der Historiker lapidar: «We've begun to cook the planet».

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Malte Bartsch greift das Thema Feuer in zwei Werken der Ausstellung auf: den Glasskulpturen Soft Landing (Ewige Flamme) (2024), deren Formen an Flammen erinnern und der gegossenen Aluminium-Skulptur Macchina del fuoco artificiale (2024). Die «Maschine des künstlichen Feuers» ist von Feuerwerken und marktwirtschaftlichen Logiken inspiriert. Diese beiden sehr unterschiedlichen Kontexte bringt der Künstler durch ihr gemeinsames Merkmal der «kreativen Zerstörung» zusammen: Kreation und Zerstörung bedingen sich in einem endlosen Kreislauf gegenseitig. Die Basis der Skulptur erinnert an ein barockes Gebäudefragment und verweist auf die im 18. Jahrhundert an europäischen Höfen verbreitete Praxis, für Feuerwerke aufwendige Kulissen zu errichten (diese gingen während des Spektakels nicht selten in Flammen auf, ob absichtlich oder als Kollateralschaden bleibt unklar). Die Feuerwerke waren Teil grosser Festumzüge, die den König feierten. Sie unterhielten die Bevölkerung und hatten vermutlich auch den Zweck, die bestehenden Machtverhältnisse zu stabilisieren. Doch den Umsturz durch die Französische Revolution konnten sie nicht verhindern. Im oberen Teil der Skulptur sind Figuren in Businessanzügen zu erkennen, die auf Heuschrecken reiten. Diese Heuschrecken-Metapher spielt auf Kapitalgesellschaften an, die Unternehmen aufkaufen, mit Schulden belasten und nicht selten zerstückeln, um kurzfristige und überzogene Renditeerwartungen zu erfüllen. Das von Malte Bartsch in dieser Skulptur angelegte Feuerwerk steht somit, anders als jene der Aristokrat*innen des 18. Jahrhunderts, auf der Seite des Volkes. Denn es deutet an, dass eine Wirtschaftslogik in Flammen aufgehen wird, die auf Gewinnmaximierung und Fortschritt für wenige abzielt. Und wie aus Asche schon mancher Phoenix aufgestiegen ist, dürfen wir vielleicht darauf hoffen, dass aus dieser Zerstörung Neues, Besseres erwächst.

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Mit der Frage, welches Leben aus den Ruinen des Kapitalismus hervorgehen kann, beschäftigt sich auch Anna Lowenhaupt Tsing in ihrem Buch The Mushroom at the End of the World (2015). Dabei entwickelt die Anthropologin ihr Konzept der «Assemblage», das für Malte Bartschs Ausstellung unter anderem hinsichtlich der Dimension der Zeit fruchtbar ist. Mit Assemblagen beschreibt Lowenhaupt Tsing komplexe Verflechtungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen, die vielstimmig, lose, dynamisch, unvorhersehbar und unerwartet sind (im Gegensatz zu einer traditionellen, linearen, auf Fortschritt ausgerichteten Vorstellung gesellschaftlicher und ökologischer Entwicklungen). Sie betont dabei die Koexistenz und Überlagerung verschiedener Zeitlichkeiten: Die Akteur*innen einer Assemblage folgen ihren eigenen, verschiedenen Rhythmen. Wenn wir uns von der Fixierung auf Fortschritt lösen (der mit Bartschs Feuerwerksmaschine ja im Begriff steht, auszubrennen), können wir diese vielfältigen Zeitlichkeiten wahrnehmen. Die Ausstellung lässt sich somit als eine Art Assemblage verstehen, in der verschiedene Akteur*innen aufeinandertreffen, die ihre je eigenen zeitlichen Rhythmen atmen, sich jedoch auch miteinander zu etwas Neuem verbinden: Feuer, Bäume, Kunstwerke, Monde, Screens, Time Machines, Menschen, Räume.

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Auf der Suche nach einer Verbindung mit den Werken warfen ihre Materialitäten – das Aluminium, das Glas, das undurchdringliche Blau der fotografischen Prints, die digital vermittelten Oberflächen der Monde – mein visuelles Tasten zunächst wie ein Echo zurück. Doch dann stellte ich mir vor, wie die Oberflächen durchlässig werden, wie ich in die Werke eintauche, im geschmolzenen Glas schwimme, auf den Monden wandere und den Heuschrecken reite, den Feinstaub des Feuerwerks und den Duft von Tannennadeln im Nebel einatme, wie ich in ihre Zeiten eintauche.

 

Ich verlasse den Ausstellungsraum mit dieser Assemblage zwischen Natur und Technologie, aber nicht ohne den roten Knopf der Time Machine (seit 2013) zu drücken: für jedes Werk die gefühlte Anzahl Sekunden.

 

Josiane Imhasly

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