BARBARA DAVI, MICHELE GABRIELE,
MAYA HOTTAREK, KRISTOF KINTERA
ELEMENTS OF TIME
Eröffnung: 23.08.2024 | 18 - 21 Uhr
31.08.24 | 11 - 19 Uhr
Kunsthoch Luzern
Finissage: 04.10.2024 | 18 - 21 Uhr
Öffnungszeiten: Fr. 14 - 19 Uhr, Sa. 14 -17 Uhr
oder nach Vereinbarung
Die KALI Gallery präsentiert in ihrer Gruppenausstellung „Elements of Time“ die Werke von Barbara Davi (*1971, CH), Michele Gabriele (*1983, IT), Maya Hottarek (*1990, CH) und Kristof Kintera (*1973, CZ). Diese künstlerische Zusammenstellung lädt zu einer Auseinandersetzung mit den Konzepten von Zeit und Resilienz ein und hinterfragt dabei die vielfältigen Möglichkeiten der Koexistenz von Mensch und Natur auf fundamentale Weise.
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Die Ausstellung erschließt sich dem Betrachter durch eine Serie von Werken, die zwar als unabhängige künstlerische Positionen betrachtet werden können, jedoch in ihrer Gesamtheit ein kohärentes und weitreichendes Bild entstehen lassen. Der Reichtum an verwendeten Medien – darunter Malerei, Cyanotypie, Skulptur, Objektkunst, Fotografie und Installation – sowie die Vielfalt der Materialitäten, die das Schaffen der beteiligten KünstlerInnen prägt, eröffnet dem Publikum ein breites Spektrum an Perspektiven.
Im Außenraum der Galerie begegnen wir den Arbeiten von Maya Hottarek, deren Interesse sich auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen Individuum, Gesellschaft und Ökonomie richtet. Hottareks Werke, die sich einer der ältesten Drucktechniken, der Cyanotypie, bedienen, ermöglichen tiefe Einblicke in eine neue Serie. In dieser Technik wird belichtetes Eisensalz unter UV-Licht kristallisiert und hinterlässt auf dem Bildträger eine tiefblaue Färbung. In den Arbeiten Hottareks entdecken wir Symbole wie Pflaster, Puzzleteile oder Federn, die in Verbindung mit Textfragmenten, welche wie bruchstückhafte Gedanken wirken, klare Bezüge zu existenziellen Fragen herstellen. Ein Beispiel hierfür ist das Zitat „We feel that we are not making a good job of it, and feel rather guilty about wasting the time of busy people like yourself“, das auf Douglas Adams' Science-Fiction-Klassiker „Per Anhalter durch die Galaxis“ verweist, in dem die zerstörte Erde und die vergebliche Suche nach Antworten thematisiert werden.
Michele Gabrieles Schaffen lässt sich als Ausdruck eines postdigitalen Hypermaterialismus verstehen, der sich ständig in Bewegung befindet. Seine künstlerische Praxis schwankt zwischen einer optimistischen Vision nachhaltiger Zukunftstechnologien und der Ernüchterung angesichts der Unmöglichkeit, eine solche Zukunft angesichts der Herausforderungen von Klimawandel und Kapitalismus zu realisieren. Die so entstandenen Werke spiegeln die Trümmer dieser unerfüllten Träume wider, die als Elemente einer selbst geschaffenen, aus Unzulänglichkeit geborenen Formensprache auftreten. Durch einen komplexen malerischen Prozess entstehen Kompositionen, die durch eine raffinierte Farbgebung und vielschichtigen Farbauftrag auffallen. Im digitalen Ausgangspunkt, überlagert Gabriele Hunderte von Landschaftsbildern, die im UV-Druckverfahren auf die Leinwand gebracht und anschließend durch exakte Kohle-, Pastell- und Buntstiftzeichnungen sowie expressiven Einsatz von Acrylfarbe ergänzt werden. Diese Arbeiten fordern den Betrachter heraus, eine kritische, wechselseitige Beziehung zum Kunstwerk selbst, zu anderen Menschen und zur Welt zu entwickeln.
Die im Raum verteilten, dem Licht zugewandten „Praying Wood“-Skulpturen stellen dabei ein faszinierendes Beispiel für die Art und Weise dar, wie Kristof Kintera die Grenzen zwischen Natur und Kunst verschwimmen lässt, um die Fragen über die Beziehung zwischen Menschen und Umwelt zu erforschen. Der Ursprung der Arbeiten besteht aus Holzstücken, die auf den ersten Blick wie zufällig gewachsen erscheinen, doch in ihrer Position und Form eine klare narrative Absicht offenbaren. Diese duale Lesart seiner Skulpturen spiegelt die ambivalente Beziehung wider, die der moderne Mensch zur Natur pflegt – eine Beziehung, die sowohl von Ehrfurcht als auch von Ausbeutung geprägt ist. Kintera gelingt es, diese komplexe Dynamik mit einer Einfachheit der Form und Materialität zu artikulieren, die ebenso poetisch wie kraftvoll ist. Die Skulpturen sind nicht nur visuell beeindruckend, sondern auch symbolisch aufgeladen: Sie erinnern an die uralten Rituale der Anbetung und Opfergabe, die in fast allen Kulturen der Welt tief verwurzelt sind, und verbinden diese mit der heutigen ökologischen Krise, in der der Mensch sich zunehmend als Feind der Natur erweist.
Darüber hinaus erweitert Kintera mit seinen „Electric Flowers“ die Idee der Verbindung zwischen Natur und Technik. Diese Werke, die Titel wie „Ampera Astra“ und „Volta Systematica“ tragen, bestehen aus pflanzenähnlichen Strukturen, die durch Starkstrom erzeugt werden. Durch die Einwirkung elektrischer Ströme entstehen auf den Bildträgern neue, oftmals überraschende Formen und Strukturen, die sowohl natürlich als auch künstlich wirken. Diese Arbeiten hinterfragen das Verhältnis von organischer und anorganischer Materie und eröffnen eine postnaturalistische Vision, in der die Grenzen zwischen den beiden zunehmend verschwimmen. Sie konfrontieren den Betrachter mit der Frage, ob die Technologie die Natur lediglich imitiert oder ob sie eine neue, hybride Form von Natur schafft, die sowohl ihre Vor- als auch ihre Nachteile hat.
Barbara Davi eröffnet mit „Nature Morte (glass)“ einen raumgreifenden Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Natur und Kultur. Ihre Arbeit besteht aus einer Sammlung von Skulpturen und Fotografien, die sie aus gefundenen Materialien erschafft. Dabei folgt sie ihren Impulsen und transformiert die Fundobjekte, bemaltes Glas im Zusammenspiel mit Aluminium, mit dem Prinzip der Collage. Die Elemente, die auf den ersten Blick disparat erscheinen mögen, sind sorgfältig ausgewählt und in Form gebracht, um eine fast archäologische Erzählung zu entfalten, die das Zeitliche und das Flüchtige auf poetische Weise verbindet.
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Die kristallartigen Werke „Piece (neon yellow)“ und „Piece (neon green)“ fungieren dabei als zentrale Elemente der Installation. Sie verkörpern eine Art „neue Relikte“, die, ähnlich wie antike Artefakte, sowohl als Zeugnisse vergangener Zeiten als auch als Symbole für die Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit des Seins fungieren. Diese Werke sind nicht nur visuelle Ankerpunkte innerhalb der Installation, sondern auch symbolische Schnittstellen, an denen sich Fragen nach dem Wert und der Dauerhaftigkeit von Materie und Erinnerung verdichten.
Insgesamt offenbart die Ausstellung „Elements of Time“ eine vielschichtige Reflexion über die Zeit und ihre mannigfaltigen Facetten. Die Werke der KünstlerInnen entfalten in ihrer Vielfalt und Tiefe ein Panorama, das den Betrachter zur Auseinandersetzung mit Fragen unserer Existenz anregt. Die KALI Gallery schafft damit einen Raum, in dem künstlerische Positionen aufeinandertreffen, um ein Verständnis der wechselseitigen Beeinflussungen zwischen Kunst, Gesellschaft und Natur zu ermöglichen.